Die erste Funktion des INTJs ist die introvertierte Intuition. Seine zweite Funktion ist das extravertierte Denken.
Neben dem INFJ gehört der INTJ zu den seltensten der 16 Typen. Dies gilt umso mehr für weibliche INTJs, deren Vorkommen in der Bevölkerung ca. 1 % ausmacht.
INTJs sind unabhängige Freigeister. Sie stecken voller Ideen und Visionen. Es fällt ihnen leicht, hinter einer Vielzahl scheinbar zusammenhangsloser Informationen diesen zugrunde liegende Muster auszumachen und daraus weitreichende Vorhersagen über die Entwicklung von Ereignissen abzuleiten. Sie sind daran interessiert, die Welt und ihre tragenden Prinzipien zu verstehen. Ihre dominante Funktion – die introvertierte Intuition – stellt ihnen hierbei einen reichhaltigen Schatz an Informationen zur Verfügung, aus dem heraus sie ihre Ideen entwickeln und tiefe Einsichten über die Funktionsprinzipien der Welt erlangen. Vergleichbar mit dem INFJ lässt sie die Intuition besser auf die unbewussten Inhalte des Gedächtnisses zugreifen. Jungen INTJs fällt es oft schwer zu erkennen, dass andere Menschen ihren Einsichten nicht so leicht folgen können.
Während ein INFJ aufgrund seiner nach außen gerichteten Gefühlsfunktion besonders empfänglich für die emotionalen Befindlichkeiten seiner Mitmenschen ist, liegt das Augenmerk des INTJs aufgrund des extravertierten Denkens eher auf dem allgemein anerkannten Wissen seiner Gemeinschaft. Er analysiert gerne komplexe Sachverhalte und ist in der Lage, ein Problem aus sehr unterschiedlichen Perspektiven wahrzunehmen.
INTJs sind Meister darin, jene Information zielsicher aufspüren, die ihren Mitmenschen zumeist entgehen, deren Nichtbeachtung jedoch Auswirkungen auf die Effektivität unserer alltäglichen Handlungsabläufe haben. Sie bemerken intuitiv, ob ein in der Außenwelt existierendes System Schwachstellen aufweist, und sie sind daran interessiert, diese Schwachstellen zu beseitigen, um dem System zu einer effizienteren Funktionsweise zu verhelfen. INTJs entdecken diese Schwachstellen, indem sie jene allgemein anerkannten Annahmen hinterfragen, die sich nicht mit ihren persönlichen Erfahrungen und intuitiv gewonnenen Einsichten vereinbaren lassen.
(Zur Erläuterung: Allgemein anerkanntes Wissen ist jenes Wissen, das eine Gemeinschaft als wahr unterstellt und dessen Kenntnis und Beachtung durch ihre Mitglieder im Allgemeinen erwartet werden kann. Es erleichtert die Kommunikation zwischen den Mitgliedern einer Gemeinschaft. Außerdem hilft es uns bei der Bewältigung des Alltags ungemein, wenn wir die Erfahrungen anderer nutzen können anstatt alles selber herausfinden zu müssen. Beispiele für solches Allgemeinwissen: Wasser gefriert normalerweise bei 0 Grad Celsius. Fliegenpilze sind giftig. Das Jahr hat ca. 365 Tage. Wenn ich in die Steckdose greife, besteht die Gefahr eines Stromschlags.Derartige Behauptungen werden normalerweise kaum hinterfragt sondern als wahr unterstellt. Dieses objektive Wissen einer Gesellschaft wird zu einem großen Teil in der Schule gelehrt bzw. von Generation zu Generation weitergereicht. Es fließt ein in die Methoden und Verfahren, die eine Gemeinschaft ihren Mitgliedern lehrt, um bestimmte Ziele zu erreichen. Auch Gebote und Verbote greifen auf derartige Standardannahmen zurück, und wir vertrauen zumeist ohne weiteres darauf, dass die ihnen zugrundeliegenden Prämissen gültig sind. Gelegentlich führen neue Erkenntnisse zur Abschaffung derartiger Gebote und Verbote. So sehen sich zum Beispiel nur noch wenige Eltern gemüßigt, ihren Kindern Spinat schmackhaft zu machen, nachdem nähere Forschungen ergaben, dass Spinat deutlich weniger Eisen enthält als ursprünglich angenommen und die im Spinat reichlich vorhandene Oxalsäure sogar die Verwertung von Eisen behindert.)
INTJs überprüfen gerne derartige allgemein anerkannte Annahmen und insbesondere die daraus folgenden Handlungsanweisungen (Regeln) auf ihre Berechtigung. Dabei ist die praktische Anwendbarkeit in der Außenwelt eines ihrer wichtigsten Kriterien. Wenn eine aufgestellte Regel nicht geeignet scheint, den mit ihr verfolgten Zweck zu erfüllen, ist aus Sicht des INTJs deren Berechtigung mehr als fragwürdig. INTJs bleiben jedoch nicht bei einzelnen Regeln stehen sondern betrachten diese im Zusammenspiel mit anderen Regeln und Faktoren, die externen Systemen zugrundeliegen. Wenn eine bestehende Regel die Funktionsweise eines Systems behindert oder sogar den mit dem System selbst verfolgten Zweck gefährdet, bemerken sie dies recht schnell und betrachten es zumeist als eine Herausforderung, sich mit den einzelnen Bestandteilen dieser dem Gesamtsystem widersprechenden Regel auseinanderzusetzen, um die Schwachstelle zu entdecken. In diesem Prozess sind sie auch bereit, ihre bisherige Vorstellung von den Funktionsprinzipien eines Systems zu überarbeiten, wenn dies zu einer schlüssigen Integration der entgegenstehenden Information führt und eine Verbesserung des Systems zu erwarten ist.
Um ihre eigene Wahrnehmung der Welt mit der sie umgebenden Realität in Einklang zu bringen, sehen INTJs sich gezwungen, die Gesellschaft in der sie leben, auf die Widersprüchlichkeit ihrer Grundannahmen und die Unzulänglichkeit vorhandener Systeme hinzuweisen. Während sich INFJs verpflichtet fühlen, andere Menschen zu unterstützen, ihre wahren Bedürfnisse wahrzunehmen und hierzu bereitwillig an deren Erfüllung mitwirken, sehen sich INTJs gezwungen, ihr als richtig erkanntes System in der Außenwelt zur Geltung zu bringen. Für beide Typen ist das nach außen Tragen ihrer inneren Visionen eine Herausforderung und beide empfinden es als schwierig, ihre intuitiven Einsichten anderen Menschen begreiflich zu machen.
INTJs sind aufgrund ihrer zweiten Funktion, dem extravertierten Denken, daran interessiert, ihr Wissen anzuwenden. Hierin unterscheiden sie sich deutlich vom INTP. Auf den ersten Blick scheinen sich beide Typen zu ähneln. Sie unterscheiden sich jedoch, was die Motivation ihres Wissenserwerbs anbelangt. Das Wissen des INTPs dient diesem eher zum eigenen Verständnis der Welt. Dabei interessiert den INTP die konkrete Anwendbarkeit in der Außenwelt zumeist recht wenig sondern ist eher ein Nebenprodukt seines Wissenserwerbes. Dem INTJ ist es hingegen ein inneres Bedürfnis, sein Wissen hinaus in die Welt zu tragen. Im Gegensatz zum INTP ist für ihn das Durchdringen der Materie nicht Selbstzweck sondern erfolgt immer auch mit Blick auf den praktischen Nutzen des daraus gewonnen Wissens. Der INTJ ist gerne bereit, eine Methode, deren Wirksamkeit nicht geklärt ist, anzuwenden, solange diese die erwünschten Erfolge herbeiführt und andere Methoden nicht ersichtlich sind. Die Erfolge betrachtet er gerne als Indiz für die Wirksamkeit der Methode. Er geht stillschweigend davon aus, dass sich früher oder später eine Erklärung der genauen Zusammenhänge finden lässt. Auf diese Art und Weise kann ein INTJ sogar scheinbar widersprüchliche Annahmen ruhigen Gewissens nebeneinander stehen lassen. Viele INTJs sind auf der Suche nach übergeordneten Gesetzmäßigkeiten, die derartige Widersprüche konsolidieren. Sie haben jedoch weniger Skrupel als INTPs, die Frage nach der Wirksamkeit der Methode notfalls ungelöst zu lassen und mit den scheinbaren Widersprüchen zu leben.
Der INTJ besitzt zumeist sehr gute Organisationsfähigkeiten, die ihm helfen, Pläne zu entwickeln, um seine Visionen Schritt für Schritt zu realisieren. Aufgrund seines Weitblickes ist er in der Lage, Probleme bei der Umsetzung eines Projektes frühzeitig zu erkennen und entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Die Tendenz, für alle Eventualitäten vorzusorgen, kann jedoch auch eine Hürde darstellen, wenn der INTJ in seinem Wunsch nach einer perfekten Umsetzung seiner Vision die konkrete Realisierung immer weiter verschiebt.
INTJs sind Denktypen und zumeist weniger als der INFJ daran interessiert, Harmonie aufrechtzuerhalten. Sie sind daher eher bereit, andere Menschen auf die Unzulänglichkeit ihrer Annahmen hinzuweisen, auch dann noch, wenn diese hierbei in ihren Gefühlen verletzt werden könnten. Die aus der introvertierten Intuition folgende Gewissheit der Richtigkeit ihrer Sichtweise verleiht INTJs oft ein hohes Selbstvertrauen bei der Verteidigung ihres Standpunktes. Überdies gehen INTJs bei ihrem Erkenntnisprozess in der Regel sehr gründlich vor. Sie verbringen viel Zeit damit, Wissen zu erwerben und Theorien und Systeme zu analysieren und zu verstehen. Hierbei sind sie daran interessiert, ihre Behauptungen durch nachweisbare Fakten zu belegen. INTJs werden daher schnell zu Experten auf ihrem Gebiet, die durch stichhaltige Argumente überzeugen können. Wenn jemand ihren Standpunkt hinterfragt, erwarten sie daher ganz natürlich, dass die Gegenseite sich mit dem Thema ebenso gründlich auseinandergesetzt hat wie sie.
Sie empfinden es daher öfter als Zumutung, wenn jemand eine These in den Raum stellt, die offensichtlich der Logik entbehrt und durch keinerlei Tatsachen gerechtfertigt scheint. In diesem Fall kann der INTJs schon mal von weniger die Logik und den Wissenserwerb wertschätzenden Mitmenschen als arrogant und rechthaberisch wahrgenommen werden.
INTJs geraten öfter mit Typen aneinander, die Traditionen besonders schätzen (SJ-Typen d.h. ESTJ, ISTJ, ESFJ und ISFJ) und deren Bedürfnis nach Sicherheit und Vorhersehbarkeit durch die Missachtung allgemein festgelegter Handlungsanweisungen verletzt wird. Gerade jüngeren INTJs fällt es oft schwer, Traditionen zu akzeptieren, die evident überholt sind. Es übersteigt oft ihre Vorstellung, dass Menschen entgegen besseren Wissens an ineffektiven Methoden festhalten wollen und damit wahren Fortschritt aktiv behindern.
Die besonderen Fähigkeiten eines INTJs kommen vor allen in Unternehmen zur Geltung, die sich für neue Entwicklungen und Verbesserungen offen halten und die bereit sind, dem INTJ bei der Ausarbeitung und Umsetzung seiner Ideen viel Freiraum zu gewähren. INTJs fällt es hingegen schwerer, in stark hierarchisch aufgebauten Unternehmen zu arbeiten, in denen nicht selten Machtspiele die effiziente Umsetzung der Unternehmensziele behindern. INTJs akzeptieren Autoritäten, soweit deren Machtposition auf Leistung und Kompetenz beruht. Konflikte können jedoch dann auftreten, wenn INTJs sich gezwungen sehen, Handlungsanweisungen auszuführen, deren Wirksamkeit und Effektivität zweifelhaft erscheinen. Wenn der INTJ nicht in der Position ist, die als sinnlos empfundenen Handlungsanweisungen abzuschaffen oder zu ignorieren, kann dies das Selbstverständnis des INTJs stark unterminimieren und zu Spannungen zwischen allen Beteiligten führen. Bevor ein INTJ allerdings zur Auffassung gelangt, dass sein Umfeld wahrem Fortschritt entgegensteht, sollte er zuvor selbstkritisch ausschließen, dass es nicht die eigenen typbedingten Schwächen sind, welche die Umsetzung seiner Visionen gefährden.
Gerade junge und unreife INTJs, deren Gefühlsfunktion zu wenig entwickelt ist, betrachten Konventionen, die Harmonie zwischen den Menschen herstellen sollen, oft als Zeitverschwendung. Sie haben zumeist eine Abneigung gegen Smalltalk und tun sich schwer damit, anderen Menschen mit Gesten ihre Zuneigung auszudrücken. Oft wirken sie auf ihre Mitmenschen kühl und distanziert. Aufgrund ihrer direkten Art, mit der sie die Denkfehler anderer kritisieren, kann ihr Wunsch nach konstruktiver Veränderung daher von empfindlicheren Naturen leicht als persönliche Ablehnung missverstanden werden. Letztlich berauben sie sich damit auch potentieller Verbündeter für ihre Ideen. Durch ausreichende Integration ihrer Gefühlsfunktion erkennen sie, dass Logik nur ein System ist, um persönliche Ziele zu erreichen und dass nicht jeder Mensch Logik als Ziel wählt. Effizienz ist nur dann sinnvoll, wenn damit ein persönliches Ziel besser und ressourcenschonender erreicht werden kann.
Das extravertierte Empfinden ist die minderwertige Funktion des INTJs. Er neigt wie alle dominant intuitiven Typen dazu, die Bedeutung von Details herunterzuspielen. Oft fällt es INTJs gar nicht auf, dass sie anderen wichtige Detailinformationen vorenthalten haben. Derartige Auslassungen erschweren häufig die Diskussion ihrer Ideen mit S-Typen, welche mehr Wert auf lückenlose Argumentationsketten legen und die von den Gedankensprüngen eines INTJs schnell überfordert sind.
INTJs können durch die Verbesserung ihrer Kommunikationsfähigkeiten, ihre eigene Effektivität bei der Umsetzung ihrer Vorstellungen steigern. Gerade das Wissen um die 16 Typen kann ihnen helfen, die Besonderheiten ihrer Wahrnehmungs- und Urteilsmethoden zu erkennen. Außerdem verhilft ihnen die Kenntnis von den anderen Typen zu mehr Toleranz gegenüber ihnen befremdlich erscheinenden Standpunkten ihrer Mitmenschen. Mit diesem Wissen sind sie eher in der Lage, wirksame Methoden zu entwickeln, um ihre Ideen anderen Menschen schmackhaft zu machen. Zugleich können sie die besonderen Stärken anderer bei der Umsetzung ihrer Pläne konstruktiv berücksichtigen.
Zur Vertiefung empfehle ich:
http://www.personalitypage.com/INTJ.html
http://www.personalitypage.com/html/INTJ_per.html (besonders gute Darstellung typischer Entwicklungsprobleme des INTJs)
http://www.systemsthinker.com/interests/mind/intj.shtml
Sehr ausführliche Beschreibung der Stärken und Schwächen des INTJs aus Sicht eines INTJs.